Lyrik und 'Harte Wissenschaften'
7. Dez. 2022, 19.30 Uhr
Warburg Haus, Heilwigstraße 116, 20249 Hamburg
Die Gegenüberstellung eines poetischen und eines (natur-)wissenschaftlichen Weltbildes gehört zu den anhaltenden Narrativen westlicher Kulturen: Gemeinhin wird angenommen, dass Naturwissenschaften mit Zahlen operieren, Lyrik mit Worten. Dass Wissenschaft objektiv und genau ist, Lyrik hingegen vage und evozierend. Dass Wissenschaften universelle Fakten und Gesetze formulieren, Lyrik hingegen singuläre Erfahrungen, die sich einem rationalen Verständnis wiedersetzen.
Im digitalen Zeitalter funktioniert diese Entgegensetzung nicht mehr. In Gedichten finden sich dystopische Bezüge zu avancierten Wissenschaften, ebenso wie zur Sprache des Kalkulierens, Klassifizierens oder des sachlichen und unpersönlichen Berichts. Die ‚Hard Sciences‘ verknüpfen sich so intensiv mit Lyrik und greifen in ihre Substanz ein, dass daraus neue Formen posthumanistischer Dichtung entstehen. Neurowissenschaften, Kognitionsforschung und Evolutionsbiologie entwickeln Verfahren um das poetische Material zu zergliedern und mit wissenschaftlicher Präzision zu berechnen. Die letzte Veranstaltung der Poetry Debates widmet sich daher dem Verhältnis von Lyrik und Wissenschaft aus einer radikal zeitgenössischen Perspektive. Sie fragt danach, inwiefern sowohl das Schreiben von Lyrik als auch die empirische Lyrikforschung durch Theorien des Posthumanismus, des Anthropozäns und der ‚Big History‘ beeinflusst sind. Die Veranstaltung findet auf Deutsch statt.
Mit
Daniel Falb (Dichter und Theoretiker, Berlin)
Dr. Stefan Blohm (Psycholinguist und Empirischer Ästhetiker, Frankfurt a.M.)
Moderation: Prof. Dr. Claudia Benthien (Literaturwissenschaftlerin und Projektleiterin, PoetryDA)
Freier Eintritt.