Lyrik nach der Natur / Poetry after Nature (Poetry Debates IV)
Veranstaltungsreihe, Herbst 2024
Kuratiert und ausgerichtet von Antje Schmidt in Zusammenarbeit mit Claudia Benthien
„ich taute Grönland auf mit meinem Blick, / ich schmolz die Gletscher, während ich sie voll / der Andacht überflog.“ Marion Poschmann führt in diesen Versen das dramatische Schmelzen der Gletscher im 21. Jahrhundert auf menschliche Tätigkeiten zurück, insbesondere auf das Fliegen mit dem Flugzeug. Denn mit dem Eintritt ins Zeitalter des Anthropozäns ist der Mensch zur alles verändernden Naturkraft geworden. Er hat sich mit seinen Technologien ebenso machtvoll wie zerstörerisch in jeden Winkel der irdischen Bio- und Atmosphäre eingeschrieben, sodass die vermeintlichen Grenzen zwischen Menschen, Technologien und Natur zunehmend bedeutungslos werden – und damit ebenso der Begriff der ‚Natur‘ selbst. Doch zugleich sind ökologische Themen in der Lyrik so relevant wie nie, gerade in Zeiten der schwelenden Klimakatastrophe und des sechsten Massenaussterbens. Somit stellt sich aktuell auf drängende Weise die Frage: Was sind Stellenwert und Aufgabe des Gedichts nach der Natur?
Im Rahmen der Poetry Debates IV möchten wir aktuelle poetologische, kulturelle und gesellschaftliche Debatten rund um die Bedeutung von Lyrik nach dem Zusammenbruch gängiger Vorstellungen von ‚Natur‘ diskutieren: Welche Imaginationswelten, Verfahren und Darbietungsformen benötigen Gedichte in Zeiten schwelender ökologischer Katastrophen? Kann Poesie mögliche Zukünfte jenseits zerstörerischer Herrschaftsverhältnisse entwerfen? Welche Rolle spielt speziell die gewaltvolle deutsche Geschichte im Zusammenhang mit Verhandlungen der Umwelt? Welche Rollen spielen Science- und Climate-Fiction im Gedicht? Wie relevant sind queere und postkoloniale Perspektiven in der Gegenwartslyrik nach der Natur? Ebenso ist nach Veränderungen in der Rolle von Lyriker*innen zu fragen: Muss Poesie in Zeiten der menschengemachten Klimakatastrophe aktivistisch sein, um etwas bewirken zu können? Offen ist auch, ob es für eine posthumane Wende vonnöten ist, Akteur:innen jenseits des Menschen Handlungsmacht zuzugestehen – etwa: digitaler Technologie, Künstlicher Intelligenz sowie Tieren und Pflanzen. Oder ist es letztlich doch unmöglich, im Medium der Poesie dem menschlichen Standpunkt zu entkommen?
Mi., 23. Okt. 2024
Ökologie trifft Technologie. Was kommt nach dem Naturgedicht?
Mi., 6. Nov. 2024
Mi., 20. Nov. 2024
Posthumane Autor*innenschaft. Gedichte mit KI und anderen Wesen schreiben
Mi., 4. Dez. 2024
Poetry for Future. Lyrik als aktivistische Praxis
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