Lautliche Dichtung zwischen Stimme und Daten
Subjektivität, Oralität und digitale Kultur
Das Postdoc-Projekt untersucht lautliche Dichtung in der digitalen Kultur und neue Formen von Subjektivität, die durch sie hervorgebracht werden. Der Begriff ‚lautliche Dichtung‘ (sounding poetry) umfasst auditive Lyrik-Performances wie gesprochene Dichtung, Lautpoesie bzw. sound poetry und musikalisch begleitete Gedichtvorträge, schließt aber gesanglich dargebotene Lyrik aus. Durch zwei ineinandergreifende Prozesse wurden diese poetischen Praktiken Teil der digitalen Kultur: einerseits durch die Assimilierung und Neugestaltung etablierter Formen von Lyrik-Performances in digitalen Medien und andererseits durch die Produktion von neuen, ‚digital-oralen‘ Formen von Poesie, die durch partizipatorische Online-Praktiken entstanden sind. Das Projekt analysiert diese poetischen Praktiken, um die verwobene Beziehung zwischen drei Arten von Subjekten herauszuarbeiten: dem lyrischen Subjekt eines Gedichts, dem verkörperten Subjekt der stimmlichen Aufführung sowie dem technologischen ‚digitalen Subjekt‘.
Das Konzept lyrischer Subjektivität bildet nach wie vor einen der zentralen Bezugspunkte der Lyriktheorie. Die Diskussionen um das Konzept sind für die Untersuchung von lautlicher Dichtung besonders relevant, da die menschliche Stimme traditionell als Ausdruck von Individualität und Subjektivität verstanden wird. In Lyrikaufführungen verkörpert die Stimme des:r Poet:in demnach das sprechende Subjekt des Gedichts und verleiht ihm ‚Wirklichkeit‘ und ‚Authentizität‘. Durch das Auftreten einer dritten, digitalen Art von Subjekt – dem der Social Media-Profile, der Avatare von Videospielen und der künstlichen Intelligenz –, verkomplizieren die digitalen Medien diese Beziehung. So dient das digitale Subjekt der technologischen Erweiterung der menschlichen Subjektivität, die es zugleich zu einem Strom entkörperlichter und formbarer Daten reduziert.
Was passiert, wenn die Körperlichkeit der Stimme auf die Immaterialität der Daten trifft? Was für eine Art von lyrischem Subjekt resultiert aus dieser Begegnung? Problematisieren digitale Manipulationen oder Imitationen der menschlichen Stimme einerseits den ihr innewohnenden Authentizitätseffekt, bringen sich digitale Subjekte andererseits in autobiografischen Performances selbst zum Vorschein und schreiben Subjektivität in experimentelle lyrische Praktiken ein, die sich nicht selten bereits von Subjektivierungen losgesagt hatten. Digitale lautliche Dichtung ermöglicht dem zufolge unterschiedlichen digitalen Entitäten – seien sie künstlich, auf Datensammlung oder auf Vernetzung beruhend –, den Status von Verkörperung und Subjektivität zu beanspruchen.
Das Postdoc-Projekt widmet sich somit Formen von Subjektivität, die in den Transformationen stimmlicher Aufführungen und audioliteraler Kreativität von digitaler lautlicher Dichtung entstehen. Es unterscheidet zwischen drei Kategorien von Subjektivität im weiteren Sinne: Der erste Teil der Studie nimmt ‚Cyborg-Subjekte‘ poetischer Praktiken in den Blick, welche künstliche – prozessierte oder synthetisierte – sowie mittels digitaler Techniken konditionierte menschliche Stimmen einsetzen. Der zweite Teil analysiert Lyrik-Performances im Kontext digitaler akustischer Medien und partizipativer Klangkunst, um Fragmentierungen lyrisch-stimmlicher Subjekte sowie ihre Rekonstitution als komplexe ‚Mensch-Technologie-Verbindungen‘ nachzuvollziehen. Der dritte Teil schließlich untersucht ‚digital-orale‘ poetische Praktiken einer partizipativen Online-Kultur als Ausdruck kollektiver Subjektivitäten.
Vadim Keylins Studie mit dem Arbeitstitel „Sounding Poetry between Voice and Data: Subjectivity, Orality and Digital Culture“ wird auf Englisch verfasst.
Das Konzept lyrischer Subjektivität bildet nach wie vor einen der zentralen Bezugspunkte der Lyriktheorie. Die Diskussionen um das Konzept sind für die Untersuchung von lautlicher Dichtung besonders relevant, da die menschliche Stimme traditionell als Ausdruck von Individualität und Subjektivität verstanden wird. In Lyrikaufführungen verkörpert die Stimme des:r Poet:in demnach das sprechende Subjekt des Gedichts und verleiht ihm ‚Wirklichkeit‘ und ‚Authentizität‘. Durch das Auftreten einer dritten, digitalen Art von Subjekt – dem der Social Media-Profile, der Avatare von Videospielen und der künstlichen Intelligenz –, verkomplizieren die digitalen Medien diese Beziehung. So dient das digitale Subjekt der technologischen Erweiterung der menschlichen Subjektivität, die es zugleich zu einem Strom entkörperlichter und formbarer Daten reduziert.
Was passiert, wenn die Körperlichkeit der Stimme auf die Immaterialität der Daten trifft? Was für eine Art von lyrischem Subjekt resultiert aus dieser Begegnung? Problematisieren digitale Manipulationen oder Imitationen der menschlichen Stimme einerseits den ihr innewohnenden Authentizitätseffekt, bringen sich digitale Subjekte andererseits in autobiografischen Performances selbst zum Vorschein und schreiben Subjektivität in experimentelle lyrische Praktiken ein, die sich nicht selten bereits von Subjektivierungen losgesagt hatten. Digitale lautliche Dichtung ermöglicht dem zufolge unterschiedlichen digitalen Entitäten – seien sie künstlich, auf Datensammlung oder auf Vernetzung beruhend –, den Status von Verkörperung und Subjektivität zu beanspruchen.
Das Postdoc-Projekt widmet sich somit Formen von Subjektivität, die in den Transformationen stimmlicher Aufführungen und audioliteraler Kreativität von digitaler lautlicher Dichtung entstehen. Es unterscheidet zwischen drei Kategorien von Subjektivität im weiteren Sinne: Der erste Teil der Studie nimmt ‚Cyborg-Subjekte‘ poetischer Praktiken in den Blick, welche künstliche – prozessierte oder synthetisierte – sowie mittels digitaler Techniken konditionierte menschliche Stimmen einsetzen. Der zweite Teil analysiert Lyrik-Performances im Kontext digitaler akustischer Medien und partizipativer Klangkunst, um Fragmentierungen lyrisch-stimmlicher Subjekte sowie ihre Rekonstitution als komplexe ‚Mensch-Technologie-Verbindungen‘ nachzuvollziehen. Der dritte Teil schließlich untersucht ‚digital-orale‘ poetische Praktiken einer partizipativen Online-Kultur als Ausdruck kollektiver Subjektivitäten.
Vadim Keylins Studie mit dem Arbeitstitel „Sounding Poetry between Voice and Data: Subjectivity, Orality and Digital Culture“ wird auf Englisch verfasst.