Sound Poetry im digitalen Zeitalter
Neue Medientechnologien als produktionsästhetische Werkzeuge
im Bereich des experimentellen Spoken Word
Das Promotionsprojekt untersucht das intermediale Feld der zeitgenössischen Sound Poetry bezüglich der Nutzung von (elektronischen und digitalen) Medientechnologien als Werkzeuge für die Produktion, anstatt diese nur als Mittel der Dokumentation und Distribution zu betrachten. Dabei folgt es einer Definition von Sound Poetry, die den Einsatz neuer Medientechnologien als produktionsästhetische Werkzeuge explizit fördert. Verschiedene medientechnologische Möglichkeiten, akustische Texte direkt zu manipulieren und so innovative künstlerische Arbeiten zu schaffen, werden in den Blick genommen, um das Potenzial von Medientechnologie für die Sound Poetry zu ermitteln. Experimentelle Dichter:innen wie Anja Utler, Dagmara Kraus, Jörg Piringer und Ian Hatcher schaffen Audiopoesie, die live aufgeführt und/oder auf CD, Vinyl, Kassetten, als Dateien oder aufgenommene Performances, als interaktive Apps und Web-Installationen vertrieben oder, spezifischer für diese Arbeit, als genuin elektroakustische Werke komponiert werden. Dabei werden neueste Medientechnologien wie Soundsoftware, digitale Klangeffekte, Sampler, Computertechnologie, KI und maschinelles Lernen produktionsästhetisch genutzt.
Ein Schwerpunkt liegt auf künstlerischen Arbeiten, die, wie von der Künstlerin Lily Greenham beschrieben, als „neo-semantisch“ klassifiziert werden können. Für die oftmals als asemantisch beschriebene Sound Poetry forderte Greenham eine Bewegung hin zu einer „gezielten Kommunikation“. Dazu werden spezifische Technologien wie Soundeffekte, Schnitt und Montage, Sampling, Online-Anwendungen und maschinelles Lernen und die damit zusammenhängenden künstlerischen Methoden untersucht, um zu zeigen, wie Künstler:innen mit Klang und (Audio-)Texten interagieren und so neue poetische Formen hervorbringen. Zu diesem Zweck werden ausgewählte Sound-Poems unter Anwendung von Methoden der neueren Literaturtheorie, wie beispielsweise „Close Listening“ (Charles Bernstein), der Sound Studies und der Medienwissenschaften analysiert sowie qualitative Interviews mit Künstler:innen geführt und ausgewertet.
Diese Arbeit wird zeigen, dass neuere Werke der Sound Poetry künstlerische Techniken fortsetzen und erweitern, die seit den späten 1950er Jahren entwickelt und als neue Medien und Klangtechnologien breiter verfügbar wurden. Die zentralen Forschungsfragen sind, wie diese neuen Technologien als künstlerische Mittel eingesetzt werden und inwieweit aus diesem Einsatz innovative ästhetische Formen entstehen. Wie sind diese neuen ästhetischen Formen zu bewerten, wie können sie für die literaturtheoretische Diskussion anschlussfähig gemacht werden und welcher konzeptionelle Rahmen ist dafür am besten geeignet?
Darüber hinaus wird das Verhältnis zwischen diesen zeitgenössischen Künstler:innen und ihren Vorläufer:innen im 20. Jahrhundert erörtert, von denen einige die produktionsästhetische Nutzung neuer Medientechnologien als konstitutiv für das Genre definiert haben. Generell wird die aurale Dimension von Lyrik betont, um den Status von Audiotexten als eigenständige literarische Kategorie zu festigen.
Marc Matters Dissertation mit dem Arbeitstitel „Contemporary Sound Poetry. Media Technology as Tool for the Creation of Electroacoustic Poems“ wird auf Englisch verfasst.